Ribnitz-Damgarten, 17. Mai 2024: In Deutschland gab es nach Angaben des Onlineportals Statista im Jahr 2023 3,8 Millionen Selbstständige.
Sie zählen die zu den sogenannten „KMU“ (kleinste, kleinere und mittlere Unternehmen). Laut dem Onlineportal destatista des statistischen Bundesamtes werden KMU nach folgenden Kriterien eingeordnet: Kleinstunternehmen haben bis 9 Mitarbeitende und erwirtschaften einen Jahresumsatz von bis zu 2 Millionen Euro, kleinere Unternehmen beschäftigen bis zu 49 Personen und machen bis zu 10 Millionen Euro Umsatz, mittlere Unternehmen beschäftigen bis zu 249 Arbeitnehmende und erzielen einen Jahresumsatz von bis zu 50 Millionen Euro. Diese Einordnung folgt einer Empfehlung (2003/361/EG) der Europäischen Kommission nach Umsatz- und Beschäftigtengrößenklassen.
Kleinst-, kleinere und mittlere Unternehmen in Deutschland sind die am weitesten verbreitete Unternehmensform bzw. -größe. Dementsprechend stellen sie auch eine relevante Zahl an Insolvenzen pro Jahr.
Die häufigsten Fragen von Selbstständigen
Jede Insolvenz bringt gerade am Anfang viele Fragen mit sich. BRRS-Partner und Insolvenzverwalter Nils Eggers beantwortet die häufigsten Fragen, die er am Standort Ribnitz-Damgarten in Insolvenzverfahren von Selbstständigen in der Regel gestellt bekommt:
Frage 1:
Kann ich in der Insolvenz meine Selbstständigkeit weiter fortführen?
Nils Eggers:
Ja, denn die Berufsausübungsfreiheit, die grundgesetzlich geschützt ist, wird durch ein Insolvenzverfahren nicht aufgehoben. Die Arbeitskraft als solche ist keine Insolvenzmasse, sondern ein höchst persönliches Gut. Im Insolvenzverfahren wird eine Selbstständigkeit als Regel-Insolvenz eingestuft. Es gelten die gleichen Regelungen wie für Unternehmensinsolvenzen. Ist jemand zum Beispiel Geschäftsführender Gesellschafter einer Firma, die insolvent geht, kann er sich während des laufenden Verfahrens selbstständig machen und dadurch ein neues Einkommen generieren.
Frage 2:
Wieviel darf ich als Selbstständiger in der Insolvenz verdienen?
Nils Eggers:
Die Antwort ist einfach: soviel wie möglich. Entscheidend ist, wieviel man von dem Verdienst behalten darf. Der Insolvenzverwalter im eröffneten Insolvenzverfahren ist verpflichtet zu entscheiden, ob die selbstständige Tätigkeit aus der Insolvenzmasse freigegeben wird oder nicht. Dies wird daran festgemacht, ob aus dieser Tätigkeit unmittelbar Gewinne zur Insolvenzmasse gezogen werden können. Daher ist es eine Prognoseentscheidung, eine solche Tätigkeit von der Insolvenzmasse freizustellen oder nicht.
Das Risiko für den Insolvenzverwalter, Gewinne aus einer solchen Tätigkeit zugunsten der Insolvenzmasse erzielen zu können liegt darin, dass damit auch die laufenden Verbindlichkeiten in die Insolvenzmasse eingehen. Es muss dann ein sehr hohes Vertrauen in den Schuldner gesetzt werden können, dass die präsentierten Zahlen auch der Realität entsprechen. Häufig liegt eine unvollständige oder nicht geordnete Buchhaltung vor. Ist die Tätigkeit freigegeben, sieht die Insolvenzordnung eine komplexe Regelung vor: Der Selbstständige wird so behandelt, als ob er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Es wird geschaut, welches abhängige Beschäftigungsverhältnis die vom Insolvenzverfahren betroffene Person anhand der Ausbildung, Vortätigkeit etc. ausüben könnte, und auf dieser Grundlage wird bemessen, ob etwas abzuführen ist. Dies kommt in meiner Praxis häufig vor.
Frage 3:
Welche Gegenstände sind pfändungsfrei und welche gehören zur Insolvenzmasse im Insolvenzverfahren des Selbstständigen?
Nils Eggers:
Oft sind Selbstständige, die in die Insolvenz gehen, allein tätig und üben ein Kleingewerbe aus. Sie verfügen über Computer, Drucker, Büromöbel, Ladeneinrichtung oder Werkzeug. Die Gegenstände, die benötigt werden, um die Selbstständigkeit durch persönliche Leistungen fortzuführen, gehen dann nicht in die Insolvenzmasse ein. Beispielsweise ist im Falle eines Kurierdienstes das Fahrzeug, mit dem er die Kurierdienste ausübt, nicht pfändbar. Im Übrigen bleibt es aber dabei, dass im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vorhandenes Vermögen, z.B. Forderungen gegenüber Dritten, zur Insolvenzmasse gehört. Die Abgrenzung in der Praxis ist manchmal schwierig und den Schuldnern auch nicht immer leicht zu vermitteln.
Eine Insolvenz in der Selbstständigkeit gehört zum Tagesgeschäft des Insolvenzverwalters. Weitere Antworten auf typische Fragen im Insolvenzverfahren, auch aus Perspektive der Arbeitnehmenden, Gläubiger oder Arbeitgeber, finden Sie auf der Seite unseres BRRS Insolvenz Wiki: https://www.brrs-rechtsanwaelte.de/de/insolvenz-wiki/